Allheilmittel Genossenschaft?

Goldene Stunde / Golden Hour In Berlin gibt es eine neue Initiative: BürgerEnergie Berlin. Was sich hinter demokratischer Mitbestimmung verbirgt, ist eine mittelständische Geldanlage, die Gewinne verspricht und den Senat Berlin aus seiner kommunalen Verantwortung entlässt.

Das Ziel von BürgerEnergie Berlin ist es, die Konzessionsrechte für das Berliner Stromnetz ab 2015 zu erwerben. Bisher ist Vattenfall Europe Distribution Berlin Eigentümer. Die Millionengewinne sollen besser den Bürger_innen zugute kommen und regional wirksam werden. Die Initiative BürgerEnergie verspricht jedem Genossenschaftsmitglied eine gute sichere Geldanlage:

Und jeder Einzelne, der mitmacht, kann auch selbst profitieren: Ein Stromnetz ist eine sichere Anlage und erzielt in der Regel stabile Renditen.

Bis 2003 war die Westberliner Bewag AG zuständig für die Berliner Stromversorgung. Wobei die Stadt Eigentümerin der Stromanlagen blieb. 2003 ging die Bewag an Vattenfall über und hat seitdem satte Gewinne eingestrichen.

Die Initiative sieht vor, dass 25% auch in kommunale Hand zurückgehen kann. Dennoch ist es offensichtlich, dass gerade hier das Genossenschaftsmodell eine Rekommunalisierung des Berliner Stromnetzes verhindert, indem es dem Senat ein schönes Feigenblatt reicht und dem ökologisch bewussten und verantwortungsvollen Mittelstand ein gutes Gewissen verschafft.

Die Forderungen des Bündnisses Berliner Energietisch zur Rekommunalisierung des Berliner Stromnetzes sind begrüßenswerter.

Dennoch: Um tatsächlich Eigentumsrechte in Frage zu stellen, statt nur Verteilungseffekte zu erzielen, müssen beide Initiativen öffentliches Eigentum offensiver ins Zentrum ihrer Forderungen stellen. Allein die regionale Reinvestition von Gewinnen bewirkt noch keine Förderung emanzipativer, d.h. „guter“ Arbeit. Alleine die Gründung einer renditeorientierten Genossenschaft bringt die Eigentumsverhältnisse nicht ins Wanken. Und allein die Rekommunalisierung bedeutet noch nicht den Übergang zu offener, d.h. partizipativer und transparenter Organisierung von Fragen der öffentlichen Energieversorgung.

Ein Beispiel für eine gemeinnützige kommunale Energieversorgung lässt sich bspw. in Sacramento, Kalifornien, finden.

2 Responses to “Allheilmittel Genossenschaft?”

  1. Markus Euskirchen,

    Die RLS versucht gerade mit dem Dreijahresprojekt „Lasst uns über Alternativen reden…“ diesen Eiertanz bzw. Drahtseilakt: Alternativenprojekte zu untersuchen in ihrer gesellschaftlichen Relevanz zwischen innerkapitalistischem Reformansatz und über die kapitalistischen Verhältnisse hinausweisendem „Einstiegsprojekt“. Und im Sinne des letzteren zu unterstützen, zu kritisieren und zu fördern. Mehr dazu bei: Einstiege in eine andere Welt – Stiftung startet Dreijahresprojekt

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