Stromengpässe in Asien und Afrika

Immer wieder ist in Deutschland die Zukunft der Stromversorgung ein Thema. Vor allem energieintensive Branchen, die ihre Energie meist zu Vorzugspreisen geliefert bekommen, drohen damit, bei höheren Tarifen ins Ausland abzuwandern. Schaut man sich allerdings in vielen anderen Teilen der Welt um, muss man feststellen, dass es in vielen Regionen derzeit zu massiven Engpässen kommt. Am meisten leiden darunter die Menschen, die ohnehin am untersten Ende der sozialen Hierarchie stehen. Allein am letzten Wochenende gab es in der im ärmsten indischen Bundestaat Bihar gelegenen Stadt Kahalgaon und in der libanesischen Hauptstadt Beirut bei Protesten gegen eine unzureichende oder gar nicht mehr funktionierende Stromversorgung zwölf Tote.Ein kleiner, sicher unvollständiger virtueller Rundgang, was in einigen asiatischen und afrikanischen Staaten im Januar in Sachen Stromengpässen Stand der Dinge ist. Die einzig logische Schlussfolgerung aus all dem kann eigentlich nur sein, dass es höchste Zeit ist, die Anstrengungen zum Umstieg auf die Nutzung regenerativer Energiequellen noch erheblich zu steigern.

Indien

In Indien scheint die Situation derzeit besonders dramatisch im Bundesstaat Bihar zu sein. Bei Protesten gegen die regelmäßig wiederkehrenden Stromausfälle wurden dort letzten Freitag und Samstag fünf Menschen von der Polizei erschossen. Laut Hindustan Times sollen Filmaufnahmen, die zeigen, wie Polizisten einen Muslim erst schlugen und dann erschossen, für besonders große Empörung sorgen.

Bihar scheint keine eigene nennenswerte Stromversorgung zu haben, da die einzigen beiden Großkraftwerke im Bundesstaat seit Jahren nicht richtig funktionieren. Die regionale Regierung macht jetzt die Bundesregierung in Neu Delhi dafür verantwortlich, Bihar bei der Stromverteilung zu diskriminieren und andere Bundesstaaten zu bevorzugen, die von der Zentralregierung näher stehenden Parteien regiert werden.

Bihar ist nicht der einzige indische Bundesstaat, der über Strommangel klagt. In Punjab, wo es anscheinend auch regelmäßig zu Stromausfällen kommt, rief man am Wochenende die Bevölkerung zum Stromsparen auf. Laut Regionalregierung müsste man eigentlich 11.000 MW Leistung importieren, um den Bedarf zu decken, erhält aber nur Kapazitäten von 6.000 MW aus dem nationalen Stromnetz. Die Stromknappheit betreffe derzeit alle nördlichen indischen Bundestaaten.

Auch Südindien meldet Probleme. Dort rief der Bundesstaat Kerala dieses Wochenende seine Bürger ebenfalls auf, Strom zu sparen. Auch hier wurde als einer der Gründe angeführt, dass man nicht mehr ausreichend Strom aus anderen Teilen Indiens importieren könne.

Nepal

Immer mehr Stromausfälle meldet auch Nepal, dass einen Teil seines Stroms aus Indien importiert. Die ausbleibenden Stromlieferungen fallen mit extrem niedrigen Wasserständen in Flüssen zusammen. Teilweise fällt der Strom für 13 Stunden/Tag aus. Die Elektrizitätsgesellschaft versucht den Notstand zu managen, in dem sie Zeiten ankündigt, in denen es keinen Strom geben soll. Das scheint aber oft nicht zu funktionieren.

Pakistan

Auch hier gab es in Kashmir, an der Grenze zu Indien, in vielen Regionen derzeit tagelange Stromausfälle, die zu Protesten führen. Über die Ursachen wurde nichts mitgeteilt.

China

Auch in China brachen wegen extremer Wetterbedingungen große Teile der Stromversorgung zusammen. Dort herrschten die schwersten Schneestürme seit Jahrzehnten, die insbesondere viel Nassschnee brachten, der zahlreiche Überlandleitungen zum Einsturz brachte. In 17 Provinzen soll es zu Stromausfällen gekommen sein, 13 Provinzen rationierten ihren Strom. Auf Grund des extremen Wetters stieg einerseits die Nachfrage nach Energie, andererseits konnten auf Grund zahlreicher blockierter Schienen viele Kraftwerke nicht mehr mit Brennstoff versorgt werden. Das Wetter ist aber wohl nur die halbe Wahrheit, zeigt sich doch gerade in Extremsituationen, ob ein Land noch ausreichend Stromreserven hat oder schon am Limit produziert. Auf Grund der eigenen Versorgungsengpässe stoppte die Zentralregierung alle Kohleexporte ins Ausland.

Vietnam

Auch in diesem Land mit rasantem Wirtschaftswachstum sind Engpässe bei der Stromversorgung ein Top-Thema. Der Generaldirektor der vietnamesischen Elektrizitätswerke kündigte bereits an, dass es dieses Jahr zu noch mehr Stromausfällen kommen werde als bisher ohnehin schon. Hätten in den beiden letzten Jahren zusammen 1 Milliarde KWh gefehlt, würden es allein dieses Jahr 1,5 Milliarden KWh sein. Viele Stauseen hätten immer noch nicht einen Wasserspiegel erreicht, das zur Stromproduktion notwendig sei und auch mit dem größten fossilen Kraftwerk seien Probleme mit der Brennstoffversorgung zu erwarten. Gleichzeitig klagt er über die Regierung, die in den letzten Jahren nicht genügend in den Energiesektor investiert habe. Um den aktuellen Bedarf zu decken, will er u.a. Strom aus China importieren, was nur zu einem Preis möglich sei, der über dem staatlich festgesetzten liege.

Kambodscha

Auch in Kambodscha hat man Probleme, den wachsenden Strombedarf zu decken. Der Plan dort: mehr Strom aus Vietnam importieren. Über Details müsse mit Vietnam noch gesprochen werden, so der kambodschanische Regierungschef.

Tadschikistan

In Tadschikistan, der ärmsten der ehemaligen Sowjetrepubliken in Zentralasien, herrscht der angeblich kälteste Winter seit 25 Jahren. Stromengpässe sollen allerdings im Winter in dem armen Land mittlerweile die Regel sein. In ländlichen Gebieten soll die Stromversorgung derzeit ganz abgestellt sein, in der Hauptstadt rationiert.

Die Weltbank beeilte sich zu dementieren, sie habe vorgeschlagen, die Strompreise zu erhöhen, damit das Land davon seine Schulden bei ihr zurückzahlen könne. Bei den von der Regierung durchgeführten Preiserhöhungen sei es lediglich darum gegangen, die finanzielle Lebensfähigkeit der Strom- und Gasversorgung zu verbessern.

Um die größte Not zu lindern, hofft man nun auf Stromimporte aus Turkmenistan.

Irak

Die irakische Regierung vermeldete am Montag mal wieder, dass die zahlreichen Stromausfälle wohl auch die nächsten drei Jahre noch anhielten. Teile Bagdads hätten nur eine Stunde Strom pro Tag. Ein anderer Regierungsangestellter wurde mit den Worten zitiert, unter Saddam Hussein sei die Stromversorgung besser gewesen als heute.

Libanon

Ähnlich wie in Indien gab es auch in Beirut während Protesten gegen Stromausfälle in den letzten Tagen Tote. Laut Daily Star wurden in Beirut acht Menschen erschossen. Die Proteste sind auch Teil des Konflikts zwischen der prowestlichen libanesischen Regierung und der von der Hisbollah angeführten Opposition. Während die Regierung ankündigte, die Mordfälle gründlich untersuchen zu wollen, widmete der Daily Star, eine prowestliche wirtschaftsliberale Beiruter Tageszeitung, am nächsten Tag der Misswirtschaft bei dem staatlichen Stromversorger einen ausführlichen Artikel.

Palästina

Über den Ausfall der Stromversorgung im Gazastreifen, weil Israel sich weigerte, Brennstoffe die Grenze passieren zu lassen, wurde auch groß in den internationalen Medien berichtet. Weniger Aufmerksamkeit errang bisher ein Schritt der Palästinensischen Autonomiebehörde, die erklärte, zukünftig nur noch den Menschen Service bieten zu wollen, die all ihre gemeindlichen Steuern sowie Strom- und Wasserrechnungen bezahlt hätten. Zu den Dienstleistungen gehört auch das Ausstellen von Ausweisen, ohne die man sich in den besetzten Gebieten praktisch nicht bewegen kann. Als Grund wurde angegeben, dass die Wasser- und Stromversorger derzeit vor allem auf Grund unbezahlter Rechnungen ein Defizit von 500 Mio. US$ hätten. Ab heute wollen die staatlichen Angestellten aus Protest gegen diese Maßnahme für zwei Tage streiken, wie die israelische Tageszeitung Haaretz berichtet. Für höhere Löhne soll gleich mitgestreikt werden.

Sierra Leone

Auch hier war das Bezahlen der Stromrechnung laut einem Zeitungsbericht Thema. Der chinesische Botschafter soll angekündigt haben, 2008 könne das Jahr der Freundschaft zwischen den Völkern Siera Leones und China werden, weil China Siera Leone bei der Elektrifizierung helfen wolle. Eine Stromversorgung bringe aber auch Verpflichtungen für die Benutzer mit sich und diese seien, die Stromrechnungen so schnell wie möglich und so häufig wie nötig zu bezahlen. Auf Nachfrage, was die Regierung denn tun könne, um die Stromversorgung zu verbessern, soll er deshalb auch gesagt haben, sie solle dafür sorgen, dass alle zuverlässig ihre Rechnungen bezahlten.

Das Informationsministerium soll kurz danach in einem Kommunique mitgeteilt haben, dass nun alle in Siera Leone Schlange stehen würden, um ihre Stromrechnungen zu bezahlen. Einige müssten laut Regierungskommunique sogar wieder unverrichteter Dinge nach Hause zurückkehren, weil einfach zu viele Menschen ihre Stromrechnungen bezahlen wollten. Nachdem so viele dem Rat des chinesischen Botschafters so freudig gefolgt sind, warten jetzt alle gespannt darauf, ob auch China seinen Ankündigungen Taten folgen lasse und dabei helfe, das Stromnetz weiter auszubauen.

Südafrika

Nicht ganz so gelassen wie in Sierra Leone nimmt man den fehlenden Strom derzeit in Südafrika. Wie in vielen anderen Ländern soll es auch hier über Jahre Warnungen gegeben haben, die ignoriert wurden. Während die einen darüber klagen, dem Stromversorger wäre über Jahre von der Regierung verboten worden, einen angemessenen Preis zu verlangen, um den Bau neuer Kraftwerke zu finanzieren, machen andere Stromdiebe für die Situation mitverantwortlich. Auch deutsche Medien berichteten über die Folgen für viele Südafrikaner ausführlich. Was dem Problem aber wohl die größte Aufmerksamkeit zu Teil werden ließ ist der Umstand, dass wegen des hohen Energiebedarfs in Südafrika deshalb auch der Goldabbau stark eingeschränkt ist. Da auf Grund der anhaltenden Finanzkrise Gold derzeit ohnehin besonders stark nachgefragt wird, erreichte der Goldpreis prompt neue Rekordhöhen.

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