MOSKAU, 13. Oktober (RIA Nowosti). Der einzige Weg, die Qualität der Wirtschaftspolitik in Russland zu steigern, besteht darin, den Ölsektor zu privatisieren und die Einschränkungen für den Zugang von Ausländern zur Energiewirtschaft aufzuheben. Diese Meinung äußerte Andrej Illarionow, Wirtschaftsberater des russischen Präsidenten, am Donnerstag in der „Iswestija“.
Seine neue Diagnose für Russland lautet „Petrokapitalismus“ (vom lateinischen „petroleum“). Die Supereinnahmen infolge der hohen Ölpreise hätten die politische Elite demoralisiert und die Qualität der Wirtschaftspolitik radikal verschlechtert, so Illarionow. In Russland sei ein „Petrostaat“ entstanden, der, vertreten von der Petro-Elite, eine uneffektive Petro-Politik realisiere. Schuld daran sei nicht das Öl, sondern die Einstellung der herrschenden Eliten dazu. Die Einträglichkeit des Ölsektors gebe den Beamten keine Ruhe, stellt der Präsidentenberater fest.
Russland geht den Weg einer Nationalisierung – Beispiele dafür sind der Erwerb der Ölgesellschaft Sibneft durch Gasprom und der Verkauf des Konzerns Power Machines an die Stromholding RAO UES. Dies führte zu einem Ausbleiben von Investitionen, zur Einstellung des Wirtschaftswachstums und zu einer radikalen Verringerung der Pro-Kopf-Einkommen. Illarionow prophezeit Russland die Zukunft eines Venezuela, das nach der Nationalisierung der Ölindustrie zu einem „Paria der internationalen Völkergemeinschaft“ geworden sei.
Die Macht lässt sich aber in der jetzigen Etappe nicht davon beeindrucken, führt er weiter aus. Die Öldollars kommen weiterhin in einem endlosen Strom her, und der Staat erhöht mit allen Mitteln die Staatsausgaben. Insofern gibt es dank der Ölkonjunktur immer mehr Beamte, während die Beschäftigung im Marktsektor sinkt.
Von einer niveauvollen Wirtschaftspolitik kann keine Rede sein, so Illarionow. Deshalb kann die Wirtschaft auch keine Erfolge aufweisen. Die Inflation nimmt zu, die Industrie entwickelt sich nicht, der Import schlägt alle Rekorde, während das Geld aus dem Land flüchtet. Die Wirtschaft wächst um 5,7 Prozent, während das Wachstum auch 15,3 Prozent hätte betragen können, wäre Russlands Führung bei der Wahl der ökonomischen Entwicklungsstrategie weitsichtiger gewesen.
Vorbilder für Russland sieht Illarionow in den GUS-Nachbarländern Aserbaidschan und Kasachstan. Dort gehört der gesamte Ölsektor privaten Unternehmen, dazu noch hauptsächlich ausländischen. Als Folge hat Aserbaidschan sein BIP bereits verdoppelt, während Kasachstan das im nächsten Jahr tun wird. Russland aber würde das laut der Prognose des Präsidentenberaters frühestens 2012 erreichen können.
Quelle: >>> http://de.rian.ru/articles/20051013/41760546.html

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