Auf Kosten der Schwachen. Privatisierung hessischer Uni-Kliniken beschlossene Sache

„Hessen ist mit der bundesweit ersten Privatisierung einer Universitätsklinik Vorreiter. In dieser Woche wurde vom Wiesbadener Landtag nach einer turbulenten Debatte der Verkauf der Universitätskliniken Gießen und Marburg an einen privaten Konzern beschlossen. Wie die Gießener ver.di-Sekretärin Marita Kruckewitt am Freitag gegenüber jW mitteilte, fordert ver.di jetzt die rasche Aufnahme von Tarifverhandlungen zur Sicherung bestehender Arbeitsplätze und Arbeitsbedingungen…“ Artikel von Hans-Gerd Öfinger in junge Welt vom 24.12.2005 >>> http://www.jungewelt.de/2005/12-24/017.php

Buerger verhindern aehnliche Privatisierung. Stadtwerke-Verkauf: Muehlheim bei Offenbach und Muelheim/Ruhr behalten Versorgung in staedtischer Hand

Das derzeit heiß diskutierte Thema der 49-Prozent-Beteiligung eines Privatunternehmens wie Eurawasser an den Stadtwerken könnte Kreise über die Parlamentsebene hinaus ziehen. Im Umfeld der Kandidatenaufstellung für die Liste Die Linke/Liste Solidarität zur Kommunalwahl im März wurde das Stichwort dazu bereits genannt: Bürgerentscheid. Eine solche Abstimmung der Bürger zum gleichen Anliegen wurde gerade am Sonntag in der Stadt Mühlheim (Kreis Offenbach) durchgeführt – mit Erfolg für die Gegner einer Teilprivatisierung. Bei einer Wahlbeteiligung von 42 Prozent stimmten 97 Prozent der Bürger dafür, „dass die Stadt Mühlheim alleinige Gesellschafterin der Stadtwerke Mühlheim am Main GmbH bleibt“.
Mit diesem Ergebnis war der Bürgerentscheid erfolgreich, da das Quorum einer Mindestwahlbeteiligung von 25 Prozent erfüllt und die Mehrheit der Stimmberechtigten sich im Sinne der Gegner ausgesprochen hatte. Heinz-Jürgen Krug, Sprecher der Attac-Regionalgruppe Rüsselsheim, die ebenfalls vor dem hier geplanten Schritt einer Teilprivatisierung der Stadtwerke warnt, verweist in einer Mitteilung auf ein weiteres Beispiel, nämlich Mülheim/Ruhr. Dort wurde mit knapperer Mehrheit im Sinne der Antragsteller entschieden: Die Zahl der Ja-Stimmen lag nur um 248 über den geforderten 27 187 (20 Prozent der Wahlberechtigten).
An der Ruhr soll bei Änderung bestehender wie Gründung neuer städtischer Gesellschaften die Übertragung von Gesellschaftsanteilen an Private verhindert werden. Einbezogen waren dort fast alle öffentlichen Bereiche der Daseinsvorsorge, von Abwasser über Energie, Nahverkehr und Gebäudeunterhaltung bis zu Altenheimen und Stadtbücherei. Dem Thema Privatisierung war auch eine Veranstaltung eines Bündnisses von Gewerkschaften, Attac und des Evangelischen Dekanats gestern Abend im Gemeindesaal der Stadtkirche gewidmet (Bericht folgt). (bje)
Quelle: http://www.echo-online.de/suedhessen/template_detail.php3?id=339969

Huerden fuer Privatisierung "EU-rechtlich bedenklich"

Rechtsprofessor stützt Sparkassenpläne in Hessen
ste Frankfurt – Die hessische Landesregierung findet mit ihren Plänen, die Bildung und Übertragung von Stammkapital bei Sparkassen zuzulassen, Beistand von Rechtsgelehrten. Es sei EU-rechtlich bedenklich, wenn eine Kommune – wie im vergangenen Jahr Stralsund – die Absicht habe zu privatisieren, die Rechtsstruktur der Sparkasse sie aber daran hindere, sagt Christoph Schalast, der seit 2002 an der HfB – Business School of Finance and Management Rechtswissenschaften lehrt, im Interview der Börsen-Zeitung. Deutschland stehe innerhalb der Europäischen Union (EU) mit den Trägerstrukturen bei Sparkassen isoliert da. Erfahrungen in anderen EU-Staaten zeigten, dass eine maßvolle Deregulierung und Liberalisierung des Sparkassensektors möglich seien, ohne dass die flächendeckende Versorgung mit Bankprodukten verloren gehe.
Für die hessischen Sparkassen lehnte unterdessen die Nassauische Sparkasse (Naspa) die geplante Stammkapitaloption ab. „Ich höre keine Argumente, die mich überzeugen“, sagte der Chef der mit einer Bilanzsumme von 17 Mrd. Euro viertgrößten deutschen Sparkasse, Jens Fischer.
– Interview Seite 5
– Bericht Seite 5
Börsen-Zeitung, Banken und Finanzen – Ausgabe Nr. 239 vom 10. Dezember 2005 >>> http://www.boersen-zeitung.com/online/redaktion/aktuell/bz239015.htm

Sparkassen-Privatisierungs-News aus Hessen

Die Frankfurter Rundschau berichtet:
„Das wollen wir nicht“. Sparkassen-Novelle in der Kritik
Frankfurt a.M. · Der Deutsche Sparkassen- und Giroverband (DSGV), das Land Thüringen und die Nassauische Sparkasse äußern Kritik an den Plänen der hessischen Landesregierung, der Landesbank Hessen-Thüringen (Helaba) aus Wettbewerbsgründen den Kauf weiterer Sparkassen zu ermöglichen.
„Das ist nicht die richtige Antwort“, sagte DSGV-Präsident Dietrich Hoppenstedt zu dem Gesetzentwurf der Regierung. Die öffentlich-rechtliche Finanzgruppe könne in ihrer jetzigen Struktur das Privatkundengeschäft erfolgreich betreiben – mit dezentralen Sparkassen und Landesbanken, die sich um Firmenkundengeschäft und Investmentbanking kümmerten.Der Erfolg im Privatkundengeschäft hänge nicht von der Institutsgröße ab, ergänzte er. Der Sparkassen-Präsident warnte davor, die Gruppe schwächen oder gar auflösen zu wollen. Eine Änderung der Sparkassengesetze in den Ländern zur Bildung von Stammkapital wäre ein erster Schritt um die jetzt kommunal verankerten Sparkassen handelbar und damit verkäuflich zu machen. „Das wollen wir nicht. Wir wollen treuhänderische Träger und keine Eigentümer“, sagte er.
Das Land Thüringen kündigte Widerstand gegen das Vorhaben seines Nachbarn an. Thüringen ist an der Helaba mit fünf Prozent beteiligt, Hessen mit zehn Prozent. Die restlichen Anteile liegen beim Sparkassenverband beider Länder. „Thüringen sieht durch den hessischen Vorstoß die Interessen seiner Sparkassen berührt“, sagte ein Sprecher des Erfurter Finanzministeriums.
Die Nassauische Sparkasse sieht die Gefahr, dass die Landesregierung mit der Gesetzes-Novelle entgegen ihrer erklärten Absicht ein „Einfallstor für Private“ schafft. Ihr stellvertretendes Vorstandsmitglied Bertram Theilacker sagte, es sei nicht auszuschließen, dass die Geschäftsbanken bei der EU-Kommission mit Erfolg eine Wettbewerbsverzerrung monieren würden, falls das Gesetz den Verkauf einer Sparkasse auf Schwesterinstitute beschränkt. Medienberichte, wonach der private Bankenverband bereits über eine Klage nachdenke, bezeichnete der Sprecher des Verbandes als „reine Spekulation“. sal/rtr“
FR vom 17.11.2005

Die Gefahren der Privatisierung. Wie der Wissenschaftsrat die Aenderungen an deutschen Universitaetsklinika bewertet

Was Berliner Hochschulmediziner bei der Fusion ihrer Klinika durchgemacht haben, will der Wissenschaftsrat Münchner Ärzten offenbar ersparen. Von der seit einiger Zeit diskutierten Zusammenlegung der beiden medizinischen Fakultäten der Technischen Universität (TUM) und der Ludwig-Maximilians-Universität (LMU) rät er ab. „Eine Fusion kann ein irritierender Prozess sein“, sagte der Vorsitzende des Rats, Karl Max Einhäupl gestern auf einer Pressekonferenz in Berlin, bei der er die Ergebnisse der Herbstsitzungen seines Politikberatungs-Gremiums vorstellte. Der Rat plädiere jedoch dafür, die zwei Standorte des LMU-Klinikums auf dem Campus des Klinikums Großhadern zusammenzulegen.
Dem Robert-Koch-Institut (RKI) in Berlin gab der Wissenschaftsrat durchweg gute Noten. Es habe die Empfehlungen der letzten Evaluierung 1997 zum großen Teil umgesetzt und sich zu einer national und international anerkannten Institution auf dem Gebiet der Vorbeugung und Kontrolle von Infektionskrankheiten entwickelt.
Der Wissenschaftsrat hat sich zudem mit einem Novum in Deutschland befasst: der Privatisierung einer Universitätsklinik, wie sie in Hessen bei den seit kurzem fusionierten Universitätsklinika in Gießen und Marburg ansteht. Der Rat hat nun Voraussetzungen formuliert, die ein privates Klinikum erfüllen muss, um Unterstützung im Rahmen des Hochschulbauförderungsgesetzes er erhalten. Einhäupl und seinen Kollegen geht es vor allem um Befugnisse im Bereich Forschung und Lehre. Um zu sicherzustellen, dass die Geschäftsführung nicht zum Nachteil von Forschung und Lehre entscheidet, schlagen sie ein Stimmrecht des Dekans in der Geschäftsführung vor. Außerdem soll das Land Hessen das Fächerspektrum gesetzlich festschreiben und die Sicherheit der klinischen Ausbildungsplätze garantieren.
Die hessische Landesregierung hatte im Dezember 2004 beschlossen, die Klinika im Marburg und Gießen vollständig zu privatisieren, weil es an Geld für dringend notwendige Investitionen mangelte. Allein in dem maroden Gießener Universitätsklinikum werden schätzungsweise 200 Millionen Euro für eine Sanierung benötigt.
Einhäupl befürchtet, dass das Beispiel Schule machen könnte und sich nun noch weitere Bundesländer dazu entschließen, ihre Universitätsklinika zu verkaufen. „Das ist verlockend für die Länder. Viele der Kliniken befinden sich in einem desaströsen Zustand und müssen dringend saniert werden“, sagte er. Er sei zwar durchaus offen für Experimente und halte Modelle, in denen sich private Investoren engagieren, für zukunftsträchtig. Eine flächendeckende Privatisierung findet er jedoch problematisch. „Was das für Schwierigkeiten mit sich bringt, wird man vielleicht erst in zehn Jahren sehen“, sagte Einhäupl.
Einige Vereinbarungen des gerade abgeschlossenen Koalitionsvertrags von CDU/CSU und SPD heißen Einhäupl und seine Kollegen nicht gut. Sie kritisieren vor allem, dass der Anteil des Bundes am Hochschulbau schrittweise auf Null reduziert werden soll. „In weniger reichen Ländern wird es enorm schwierig werden, Geld für den Hochschulbau zu bekommen“, glaubt Einhäupl. Auch die insgesamt geschrumpfte Zuständigkeit des Bundes im Hochschulbereich sehen die Experten kritisch. Sie fürchten, dass die Hochschullandschaft zu einem Flickenteppich mit stark abweichenden Regelungen wird, hoffen aber bei der Realisierung der neuen Gesetze noch Nachbesserungen erwirken zu können.

Anne Brüning
Berliner Zeitung, 15.11.2005

Linkspartei sucht nach Profil. Privatisierung von Unikliniken soll Wahlkampfthema werden

Die Linkspartei will in Hessen im Jahr 2008 zur Ablösung der Regierung von Roland Koch (CDU) beitragen. Bisher jedoch hat die Partei keine landespolitischen Konzepte zu bieten, wie führende Vertreter beim Parteitag in Frankfurt am Wochenende einräumten. Das wollen sie ändern.

Frankfurt · Der Protest gegen die Privatisierung der Universitätskliniken in Gießen und Marburg soll für die Linkspartei ein erstes Thema zur Profilierung in der Landespolitik werden. Durch die Unterstützung eines entsprechenden Volksbegehrens wolle man „zeigen, dass eine Mehrheit der Bevölkerung die neoliberale Sachzwanglogik der Regierung Koch eindeutig ablehnt“, heißt es im Leitantrag der hessischen Linkspartei, der beim Parteitag verabschiedet wurde. Mit diesem Thema will die Linkspartei bei den anstehenden Kommunalwahlen 2006 auf sich aufmerksam machen.
Neben Mittelhessen seien weitere Krankenhäuser – etwa in Frankfurt-Höchst – „akut von der Privatisierung bedroht“, betont die Linkspartei. Dies sei „mit gravierenden Folgen für die Beschäftigten und die medizinische Versorgungsleistung der Bevölkerung“ verbunden. Die Krankenhausversorgung müsse öffentlich organisiert werden, fordern die Linken. Es war eines der wenigen landespolitischen Themen, die beim Parteitag eine Rolle spielten. Der umbenannten PDS fehle es an Positionen auf diesem Feld, räumte der Landesvorsitzende Ulrich Wilken ein, der in Frankfurt mit 78 Prozent der Stimmen im Amt bestätigt wurde: „Es gibt dieses landespolitische Profil nicht.“ Hier sei noch viel zu tun. Einen Anstoß dazu solle der Kongress „Die Linke in Bewegung“ liefern, der für den 17. Dezember im Frankfurter Gewerkschaftshaus geplant ist.

„Reibungslose Zusammenarbeit“
Neben den Delegierten der ehemaligen PDS kamen beim Parteitag auch Vertreter der Wahlalternative Soziale Gerechtigkeit (WASG) zu Wort, mit denen bis Mitte 2007 eine gemeinsame Partei gegründet werden soll. Anders als in anderen Bundesländern laufe die Zusammenarbeit zwischen Linkspartei und WASG in Hessen reibungslos, betonten beide Seiten, und feierten ihr Wahlergebnis von 5,3 Prozent landesweit bei der Bundestagswahl.
In Hessen wäre nach Ansicht des Linkspartei-Vorsitzenden Wilken sofort eine Vereinigung der Parteien möglich. Doch biete ein längerer Prozess größere Chancen dazu, auch bisher nicht parteigebundene Linke einzubeziehen. Wolfgang Gehrcke, Bundestagsabgeordneter der Linkspartei, forderte, bei den Kommunalwahlen 2006 mit „offenen Listen“ zu agieren, auf denen Vertreter von Sozial-, Friedens- oder Umweltgruppen antreten könnten. Gehrcke und der andere hessische Bundestagsabgeordnete Werner Dreibus (WASG) wollen sich im Kommunal-Wahlkampf engagieren, „als ob wir selbst zur Wahl stünden“. Es gehe darum, den Weg für ein erfolgreiches Antreten bei der Hessen-Wahl zu bahnen. „Wir werden antreten, im Jahr 2008 die Koch-Regierung abzulösen“, kündigte der hessische WASG-Vorstandssprecher Hermann Schaus an.
Geballte Kritik äußerten Redner von WASG und Linkspartei an der Koalitionsvereinbarung von CDU, CSU und SPD auf Bundesebene. Sie hätten „die kleine Chance zur Korrektur der neoliberalen Politik verschenkt“, sagte Werner Dreibus. Vor allem kritisierten die Linken die Rolle der SPD. Mit Hohngelächter nahmen es die Delegierten auf, als ein Redner die Behauptung der SPD-Linken Andrea Nahles zitierte, der Koalitionsvertrag trage deutlich sozialdemokratische Handschrift.
Pitt von Bebenburg
Frankfurter Rundschau, 14.11.2005

Attac unterstuetzt Volksbegehren gegen Privatisierung der Landeskliniken

18.10.05 – Alsfeld – Die Attacgruppe Alsfeld unterst�tzt das von Marburg ausgehende Volksbegehren gegen die Privatisierung der Landeskliniken. Die von der hessischen Landesregierung unter Führung von Roland Koch (CDU) gewollte Privatisierung (zunächst Marburg/Gießen) bedeute einerseits Kapazitäts- und Personalabbau ,andererseits führe sie zu Mehrarbeit bei verschlechterten Arbeitsbedingungen und zu sinkendem Einkommen der Beschäftigten.
Besonders gravierend sei, dass unter einer Privatisierung der Kliniken die medizinische Betreuung großer Teile der Bevölkerung leide. Am härtesten beträfe es die Patienten mit langwierigen Krankheiten, ließe sich doch mit ihnen für einen privaten Betreiber keinen Gewinn machen. Widerstand sei notwendig, denn es könne nicht angehen, dass sich das Land aus der Verantwortung für die Gesundheit seiner Bevölkerung zurückziehe und dieses Feld profitorientierten Großunternehmen überlasse. Eine Dominanz der Ökonomie gegenüber der Medizin dürfe es nicht geben.
Wie Hans-Georg Bodien von Attac Alsfeld weiter mitteilt, habe man auch das seit Anfang September 05 in Kraft getretene ÖPP-Beschleunigungsgesetz einer kritischen Betrachtung unterzogen. So heiße nämlich seit einiger Zeit die Zauberformel für die Lösung öffentlicher Finanznot PPP oder ÖPP. Darunter sei die Zusammenarbeit �ffentlicher und privater Akteure bei der Erstellung,Finanzierung und auch Management bisher öffentlich erbrachter Leistungen (Sanierung und Neubau von Schulen und Hochschulen, Krankenhäusern etc) zu verstehen.
Solche Deals seien besonders dreist, leisteten sie doch der klar profitorientierten Kalkulation bei der öffentlichen Daseinsvorsorge ungeniert Vorschub, zögen sich Amts- und Mandatsträger aus der Verantwortung zurück und trügen zur massiven Entziehung demokratischer Kontrolle eigentlich �ffentlicher Angelegenheiten bei. Mit dem ÖPP (Öffentlich Private Partnerschaft)-Beschleunigungsgesetz habe der Gesetzgeber unter anderem das Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen, die Vergabeordnung, das Fernstraßenprivatfinanzierungsgesetz und die Bundeshaushaltsordnung geändert, und mit der Änderung des Grunderwerbssteuergesetzes und des Grundsteuergesetzes habe er neuerlich zugunsten privater Investoren steuerliche Ausnahmetatbestände geschaffen.
Quelle: >>> http://www.osthessen-news.de/beitrag_A.php?id=1119481

Winzer: Widerspruch zur Privatisierung – Erneute Kritik an Plaenen fuer Staatsweingut

RHEINGAU Für die Sprecher der Interessengemeinschaft der Winzer, Richard Nägler und Hans Josef Becker, besteht ein krasser Widerspruch zwischen den Vorstellungen des hessischen Finanzministers Weimar zur Privatisierungspolitik des Landes einerseits und den Plänen der landeseigenen Staatsweingüter für den Neubau einer Zentralkellerei am Steinberg andererseits. Weimar habe erst kürzlich erklärt, daß sich Hessen in den nächsten Jahren mit aller Konsequenz auf staatliche Hoheitsaufgaben beschränken werde. Auf dem Weg zu diesem Ziel sollen die ersten Universitätskliniken privatisiert werden. Das Land verfolge, nach Mitteilung Weimars, zudem die Absicht, staatliche Dienstgebäude zu verkaufen, um sie später zurück zu mieten.
Bauen und Immobilien zu besitzen seien, so habe der Minister ausgeführt, künftig nicht mehr als staatliche Aufgaben zu betrachten. Angesichts dieser Grundsätze der Landesregierung sei es, so Nägler und Becker, nicht zu begreifen, daß das Land nicht nur an den Staatsweingütern festhalte, sondern auch noch einen äußerst kostspieligen Neubau am Steinberg errichten wolle. Nehme man die Worte des Finanzministers erst, könne kein Zweifel daran bestehen, daß der Weinbau nun wirklich keine staatliche Aufgabe sei. Wenn das Land nun aber unbeding an den Staatsweingütern festhalten wolle, so müsse mit Blick auf die desolate Haushaltslage des Landes, der Grundsatz gelten, die Modernisierung der Zentralkellerei so kostengünstig wie nur möglich zu gestalten.
Die Vorschläge erfahrener Winzer, die günstigen Standortmöglichkeiten in Eltville zu nutzen, um den Betrieb schrittweise zu modernisieren, seien vom Ministerpräsidenten jedoch vom Tisch gefegt worden. Die Folge sei, daß beträchtliche Kapitalwerte am bisherigen Standort Eltville vergeudet würden.
Das Land, das sich, nach der jüngsten Bewertung des hessischen Steuerzahlerbundes, auf dem Weg in den Staatsbankrott befinde, betreibe damit eine Kapitalverschwendung, die jedem Bürger unbegreiflich bleiben müss
Quelle: http://www.main-rheiner.de/region/objekt.php3?artikel_id=2082126

Operation ohne Narkose. Nach Krankenhaeusern sollen nun auch Universitaetskliniken privatisiert werden

Auf den Hügeln am Rande der traditionsreichen Universitätsstadt Marburg ist man stolz. Weit verzweigt liegt dort das Universitätsklinikum mit seinen Bauten, viele davon neu: die Medizinische Bibliothek, das Biomedizinische Forschungsgebäude und das Mutter-Kind-Zentrum. Es hat mehrere hundert Millionen Euro gekostet, all das fertig zu stellen, die Einrichtungen machen Fakultät und Uniklinik zu einem der modernsten medizinischen Zentren Deutschlands. Doch die Zukunft der Klinik ist indes ungewiss; bei Ärzten und Pflegepersonal geht die Angst um.
Ende 2004 beschloss der hessische Landtag mit der Mehrheit der alleinregierenden CDU, das Klinikum mit der Uniklinik Gießen zu fusionieren und beide zum 1. Januar 2006 zu veräußern. Es wäre die erste Vollprivatisierung einer deutschen Uniklinik und ein revolutionärer Schritt im deutschen Gesundheitswesen. Ein Schritt aber, der viele Arbeitsplätze und die erfolgreiche Grundlagenforschung an beiden Kliniken gefährdet.
Seit Jahren ist die Privatisierung von Kliniken der öffentlichen Hand ein boomendes Geschäft. Vielen Ländern und Kommunen fehlt das Geld für Investitionen in Gebäude oder neue Technologien. Der Verkauf von Kliniken erscheint ihnen als Ausweg, die kostenintensiven Krankenhäuser und die Verantwortung loszuwerden. Der Anteil privater Kliniken stieg in den vergangenen zehn Jahren von etwa 15 auf 25 Prozent. Prognosen zufolge könnte er 2015 bei 40 bis 50 Prozent liegen.
Halten Privatanbieter bislang vor allem kleine Kliniken, so streben sie in jüngster Zeit immer stärker nach der Übernahme großer Häuser – bis hin zu so genannten Maximalversorgern, die das ganze medizinische Spektrum abdecken. Bestes Beispiel dafür ist die Anfang 2005 beschlossene Übernahme des Landesbetriebs Krankenhäuser (LBK) in Hamburg durch die Asklepios-Kette. Zum Zeitpunkt des Kaufs kam der LBK, eines der größten medizinischen Zentren Europas, mit rund 12000 Mitarbeitern auf einen Jahresumsatz von 800 Millionen Euro. Nun rücken auch Universitätskliniken, die zu den größten in der deutschen Krankenhauslandschaft gehören, ins Visier privater Ketten.
»Für uns wäre es sehr lukrativ, ein Universitätsklinikum zu erwerben«, sagt Bernhard Broermann, Gründer und Alleingesellschafter von Asklepios. »Neben der Nähe zu Lehre und Forschung ließen sich damit bestehende Lücken in unserem Krankenhausnetz schließen.« Auch andere Klinikketten sind interessiert. So beteiligten sich an der Ausschreibung für Gießen-Marburg alle maßgeblichen Anbieter: die Rhön-Klinikum AG, die Helios Kliniken und die Sana Kliniken (siehe Kasten).
Hessens Ministerpräsident Roland Koch ist sich mit Blick auf seine Pläne »sicher, dass wir damit mehr Wachstum für den Medizinstandort Hessen hervorrufen als mit jeder anderen Lösung«. Für ihn handelt es sich beim Fall Gießen-Marburg um ein »Leuchtturmprojekt«. Die Umsetzung der Pläne geriete zum Präzedenzfall. Auch andere Bundesländer prüfen den Verkauf ihrer Universitätskliniken. Bisher hat man sich dort aber stets für die abgefederte Variante einer Privatisierung in öffentlicher Hand entschieden: Dabei wird die betreffende Einrichtung rechtlich in ein privatwirtschaftliches Unternehmen umgewandelt, was ihr erlaubt, sehr viel eigenständiger zu wirtschaften und zum Beispiel auch Kredite aufzunehmen – Eigentümer aber bleibt der Staat.

Die Kliniken finanzieren ihren eigenen Verkauf – und der Staat bürgt
Unikliniken zu unterhalten ist teuer. Sie sind groß und meist besser ausgestattet als andere Krankenhäuser. Vor allem aber sind sie Stätten von Forschung und Lehre – das kostet. Zwar werden die laufenden Ausgaben von den Krankenkassen getragen. Seit Einführung der Fallpauschalen aber, mit denen feste Sätze pro Krankheitsbild statt wie früher pro Liegetag gezahlt werden, fließt immer weniger Geld in die Kassen. Unikliniken trifft dies besonders hart, denn die Ausbildung von Ärzten am Patienten erfordert Zeit – und die will niemand mehr bezahlen. Ganz zu schweigen von den nötigen Investitionen in immer neue Geräte und in Gebäude.
Rund 80 Prozent der bundesweit 35 Unikliniken machten 2004 Verlust. »Diese Entwicklung wird sich in den nächsten Jahren noch verschärfen«, prognostiziert der Vorsitzende des Wissenschaftsrats Karl Einhäupl. Das Klinikum Marburg, das stets schwarze Zahlen erwirtschaftet hat, zählt zu den großen Ausnahmen. Gießen hingegen weist jährlich einen Verlust von mindestens fünf Millionen Euro aus und hat in den vergangenen Jahren einen Investitionsstau von mindestens 200 Millionen Euro angehäuft. Einen Stau, den das Land Hessen nicht auflösen kann. »Die Kassen sind leer«, erklärt der zuständige Staatssekretär im Ministerium für Wissenschaft und Kunst, Joachim-Felix Leonhard. »Uns fehlt schlicht das Geld, diese Lücken zu schließen.« Von einem Käufer aus der Wirtschaft verspricht sich die Regierung Koch ein strafferes Management und positive Impulse auch für Forschung und Lehre. »Ein privater Betreiber kann schnell Investitionen vornehmen, für die uns aufgrund der Haushaltslage die Hände gebunden sind«, sagt Leonhard.
Der geplante Verkauf könnte jedoch zum Bumerang werden: Mit 347 Millionen Euro hat der Bund die Kliniken Gießen und Marburg im Rahmen des Hochschulbauförderungsgesetzes (HBFG) bisher gefördert, und ein guter Teil davon müsste nach einem Verkauf wohl zurückgezahlt werden – laut HBFG darf der Bund private Betreiber nicht unterstützen. »Ein nicht näher zu bestimmendes Kostenrisiko«, urteilt Ulrich Kasparick, parlamentarischer Staatssekretär im Bundesforschungsministerium. Hessen dürfte daran interessiert sein, zumindest die Rückforderungen des Bundes durch den Verkaufserlös zu decken.
Dies führt zum nächsten Problem: Je höher der Kaufpreis, desto größer dürfte die finanzielle Belastung für die Unikliniken sein. Erfahrungsgemäß lassen die gewinnorientierten Ketten das Krankenhaus selbst Kredite zur Finanzierung des Kaufpreises aufnehmen, um das eigene Risiko zu minimieren. So habe Asklepios beim Kauf von 74,9 Prozent der Anteile des LBK Hamburg von den rund 320 Millionen Euro Kaufpreis nur 19,2 Millionen Euro direkt bezahlt, sagt Ulrich Kestermann, Finanzexperte und im Verkaufsprozess Berater der Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat des LBK. Ein großer Teil der Restsumme finanziere sich über Kredite, die die neu gegründete Krankenhaus GmbH belasteten und für die auch die Stadt Hamburg als Verkäufer bürge.
Asklepios-Chef Broermann sieht in einer solchen Finanzierungsstruktur keine Belastung. »Fremdfinanzierungen von zwei Drittel des Kaufpreises sind absolut die Regel«, sagt er und verweist darauf, dass sein Unternehmen neben den 19 Millionen Euro in bar auch zwei Kliniken eingebracht habe und somit insgesamt Eigenmittel von etwa 100 Millionen Euro einsetze. Diese Kliniken jedoch sind in den LBK eingegangen, Kaufpreis und -objekt verschmelzen auf seltsame Art. Unter dem Strich hat sich der LBK selbst gekauft. In die Selbstständigkeit startet er mit etwa 250 Millionen Euro Schulden.
Zur Wahl stehen sechs Prozent weniger Lohn oder der Abbau von 600 Stellen
»Ähnliches könnte dem Uniklinikum Gießen-Marburg blühen«, sagt Kestermann. Die angestrebte Privatisierung »ist ein hochgefährliches Experiment mit ungewissem Ausgang«, sagt auch Ulrich Montgomery, Vorsitzender der Ärztegewerkschaft Marburger Bund. Bei dem Verkauf an eine private Klinikkette sähe sich das fusionierte Klinikum gleich drei Belastungen ausgesetzt: der Tilgung des Kredits über den zu erwartenden Kaufpreis in wahrscheinlich dreistelliger Millionenhöhe, den unmittelbar notwendigen Investitionen von gemeinsam etwa 300 Millionen Euro und dem Druck, jährlich mindestens acht bis zehn Prozent Gewinn abzuwerfen.
»In Gießen-Marburg wird zu viel auf einmal versucht«, sagt Reinhard Busse, Leiter des Fachgebiets Management im Gesundheitswesen an der TU Berlin. Er und andere Experten hegen große Zweifel, dass die Kliniken diesen Belastungen unter den Bedingungen des Fallpauschalen-Systems ohne empfindliche Einschnitte standhalten können. Zumal die Möglichkeiten der Erlössteigerung wegen des eher kleinen Einzugsgebiets beschränkt sind. Ein Problem, das selbst Interessent Broermann von Asklepios sieht: »Das Risiko in Marburg und Gießen ist sehr groß, da 85 bis 90 Prozent der Patientenströme aus der Region kommen.« Bei der Konkurrenz der Rhön-Klinikum AG will man sich derweil zu Verkauf und Risiken generell nicht äußern – schließlich sei dies ein laufender Prozess, heißt es.
Oft geht der Wechsel eines Krankenhauses zu einem privaten Betreiber mit sichtbaren Verbesserungen einher. Wo vorher Gebäude verkamen, ist plötzlich Geld da für Renovierungen, schmucke Neubauten und eine moderne Ausstattung. Für Projekte, die die öffentliche Hand nicht mehr finanzieren konnte oder wollte, stehen auf einmal Banken mit großzügigen Krediten parat. Das Ganze hat jedoch seinen Preis, lässt es sich doch nicht ohne harte Einsparungen an anderen Stellen bewerkstelligen. Bei der Rhön-Klinikum AG heißt es, es sei nicht möglich, den »Bären (zu) waschen, ohne ihn nass zu machen«. Hinter den Kulissen wird oft gespart, was das Zeug hält. Zuerst werden meist patientenferne Dienstleistungen wie Küche und Wäscherei ausgegliedert oder eigene Trägerschaften gegründet, um aus Tarifverträgen aussteigen zu können. Doch dabei bleibt es nicht.
»Kündigungen sind an der Tagesordnung, und für examinierte Pflegekräfte werden häufig nur Hilfskräfte eingestellt, die den vielfältigen Anforderungen an die fachgerechte Versorgung von Patienten nicht gewachsen sind«, sagt Norbert Donner-Banzhoff, Professor an der Universität Marburg. Beim LBK etwa wurde bereits kurz nach der Übernahme für 2005 ein Abbau von mehreren hundert Vollzeitstellen beschlossen. Für die nächsten Jahre können die Mitarbeiter zwischen einer sechsprozentigen Lohnkürzung und damit einer Aushebelung der Tarifverträge oder der Streichung von etwa 600 Stellen wählen. Andere gängige Maßnahmen betreffen die Verlängerung von Arbeitszeiten sowie Lohnkürzungen, wodurch der Druck auf Ärzte und Pflegepersonal steigt. »Über kurz oder lang wirken sich diese Einsparungen auch auf die Behandlungsqualität und damit die Gesundheit der Patienten aus«, sagt Donner-Banzhoff. Ein Vorwurf, den private Betreiber weit von sich weisen.
Im Fall Gießen-Marburg ist zu erwarten, dass viele der insgesamt gut 11000 Stellen abgebaut werden. Die Personalratsvorsitzenden der Kliniken in Gießen und Marburg gehen von Stellenstreichungen von mindestens 10 bis 20 Prozent aus, eine Größenordnung, wie sie Gewerkschaftsvertretern zufolge bei einer Privatisierung üblich ist. Damit könnten rund 2000 Menschen ihre Arbeit verlieren, ganz zu schweigen von den gefährdeten Jobs bei den mittelständischen Zulieferern. Angesprochen auf mögliche Stellenverluste, verweist die Landesregierung lediglich darauf, dass der Verkaufsvertrag eine Garantie enthalten werde, wonach betriebsbedingte Kündigungen bis Ende 2010 ausgeschlossen sein werden. Den vielen Beschäftigten mit befristeten Verträgen wird das indes nur wenig nutzen.

»Hier herrscht Grabesstimmung. Die besten Leute laufen davon«
»Und was passiert«, fragt Marburgs Personalratsvorsitzender Wilfried Buckler, »wenn sich der Private an dem großen Brocken verschluckt? Sollen die Unikliniken dann geschlossen werden? Marburg lebt von dieser Klinik. Sie ist nicht nur das einzige maßgebliche Krankenhaus, sondern auch der größte Arbeitgeber der Region.« Doch für diesen Fall ist gesorgt. »Der Vertrag wird eine Rückfallklausel beinhalten«, sagt Staatssekretär Leonhard. »Im Fall einer Insolvenz des privaten Betreibers geht die fusionierte Klinik wieder an das Land Hessen.« Mitsamt der bis dahin angefallenen Schulden, versteht sich.
Am gravierendsten dürften sich die finanziellen Belastungen auf die Einheit von Forschung, Lehre und Patientenversorgung auswirken. Ihrem Wesen nach sind Unikliniken die Werkstätten der Medizinstudenten, die dort von den besten Spezialisten und direkt am Patienten lernen. Die Verzahnung von Forschung, Lehre und Behandlung nützt allen Beteiligten und vor allem den Patienten. So hat man etwa in Gießen und Marburg durch Grundlagenforschung in der Tumormedizin Erfolge erzielt, die auch international Beachtung fanden. Einzelne Tumorarten, die noch vor 20 Jahren zu 90 Prozent zum Tode führten, sind heute auch dank dieser Forschung zu 90 Prozent heilbar.
Ob es solche Erfolge an den Fakultäten unter privaten Eigentümern noch geben wird, scheint fraglich. »Private Klinikbetreiber werden naturgemäß wenig Interesse am Vorhalten einer adäquaten Forschungs- und Lehrtätigkeit haben«, befürchtet Ärztevertreter Montgomery. Äußerungen von Chefs mehrerer Privatketten bestätigen diese Einschätzung. Lutz Helmig, Hauptgesellschafter von Helios, hat nach eigener Aussage »kein Interesse an Grundlagenforschung«; der langjährige Vorstandsvorsitzende und heutige Aufsichtsratschef der Rhön-Klinikum AG, Eugen Münch, ist der Ansicht, der Direktor einer Klinik solle nicht dafür sorgen, dass geforscht und gelehrt, sondern dass produziert werde. Ob es da Gießen-Marburg viel nützt, dass das Land Hessen eine ständige Schlichtungskommission zwischen Klinik und Fakultät einrichten und über den Verkauf hinaus eine fünfprozentige Beteiligung an den Kliniken halten will – »um notfalls rechtlich eingreifen zu können«, wie Staatssekretär Leonhard erklärt –, darf bezweifelt werden.
»Ein solcher Verzicht auf Grundlagenforschung könnte der Anfang vom Ende für die deutschen Universitätskliniken sein«, befürchtet der Dekan der Medizinischen Fakultät in Marburg, Bernhard Maisch. Auch andere Unikliniken befinden sich in einer wirtschaftlichen Zwangslage, auch ihnen droht die Vollprivatisierung. In Lübeck und Kiel wird bereits ganz offen über einen Verkauf der Unikliniken spekuliert. »Auch dort würden wir uns sofort bewerben«, sagt Asklepios-Chef Broermann. Aufmerksam verfolgt die Fachwelt die Entwicklung in Hessen.
Die Vorboten des Verkaufs sind in Gießen und Marburg schon zu spüren. Seitdem das Gespenst »Privatisierung« umgeht, bewerben sich kaum noch Spitzenmediziner, andere werfen das Handtuch. »Hier herrscht Grabesstimmung. Die besten Leute laufen mir davon«, berichtet ein Chefarzt in Marburg. Vor einem Jahr hatte auch er einen Ruf an eine andere Universität. »Wenn ich gewusst hätte, was uns blüht, ich wäre damals ganz sicher gegangen.«
Von Jan Schmitt, DIE ZEIT 13.10.2005 Nr.42
>>> http://zeus.zeit.de/text/2005/42/Unikliniken

Hessischer Landtag beraet Privatisierung des Uniklinikums Marburg-Giessen

WIESBADEN. Einen Gesetzentwurf der Landesregierung zur geplanten Privatisierung des fusionierten Uni-Klinikums Gießen und Marburg hat der hessische Landtag am 22. September beraten. Der Gesetzentwurf sieht vor, das privatisierte Uni-Klinikum unter der Rechtsaufsicht des Wissenschaftsministeriums zu belassen. Das Ministerium behält sich dem Entwurf zufolge außerdem das letzte Wort in Berufungsverfahren vor. Wissenschaftsminister Udo Corts (CDU) sagte im Landtag, ein Teil der Beschäftigten – unter anderem das wissenschaftliche Personal – solle im Landesdienst bleiben.
Die FDP-Wissenschaftspolitikerin Nicola Beer sieht das Hauptproblem darin, die Freiheit von Forschung und Lehre zu sichern, aber gleichzeitig das zu privatisierende Klinikum attraktiv für potenzielle Investoren zu machen. Durch die geteilte Zuständigkeit für das Personal werde es dazu kommen, dass das Land die Professoren und der private Betreiber die Chefärzte berufe. Beer stellte es als unausweichlich dar, dass die beiden Medizin-Fachbereiche mittelfristig fusionierten.
Für die SPD unterstrich der Arzt und mittelhessische Abgeordnete Thomas Spies das grundsätzliche Nein seiner Fraktion zu den Privatisierungsplänen. Die meisten Menschen in Mittelhessen seien gegen dieses Vorhaben. Ähnlich äußerte sich die Grünen-Wissenschaftsexpertin Sarah Sorge. Alle in einer Anhörung angesprochenen offenen Fragen seien in dem vorgelegten Gesetzentwurf nicht beantwortet. Als Beispiele nannte sie eine nicht geklärte Altersvorsorge der Klinikbeschäftigten und eine Bundesförderung für den Hochschulbau, die vermutlich auslaufen würde und möglicherweise sogar zurückgezahlt werden müsse./hil/ddp
Quelle: Deutsches Ätzteblatt >>> http://www.aerzteblatt.de/v4/news/news.asp?id=21475