Generation Praktikum 2.0

CC BY-NC-SA 2.0 (Oszedo)

Als Arbeit suchender Absolvent der Sozialwissenschaflter kommt man kaum an der Zeitschrift Arbeitsmarkt vorbei. Hier werden bundesweit Stellen im Bereich Bildung, Kultur und Sozialwesen zusammengefasst. Motivierend ist das meist nicht, weil gerade in Berlin kaum Stellen für Berufseinsteiger_innen ausgeschrieben sind. Besonders schlecht Laune machte letzte Woche der Leitartikel mit dem Titel „Engagiert und unterbezahlt“:

Lange Praktika sind [für Absolvent_innen] selbstverständlich. Und Praktikumsgehälter sind in den seltensten Fällen so hoch, dass davon der eigene Lebensunterhalt bestritten werden kann.

Nach der im Artikel zitiereten Kasseler Studie, „stellen Praktika für viele Absolventen einen „normalen“ ersten Schritt auf dem Weg ins Berufsleben dar“.

Praktika werden vor allem akzeptiert, um persönlich/beruflich „in Bewegung“ zu bleiben aber auch „wenn man bisher kein Glück bei der Jobsuche“ hatte. Sie dienen zur Überbrückung der Arbeitslosigkeit, zur „Kaschierung“ der Sucharbeitslosigkeit und in dieser Phase zur beruflichen Orientierung und zur Weiterqualifizierung.

Nach einiger Zeit erfolgloser Arbeitssuche habe auch ich mich um ein Praktikum in einer Online-Agentur beworben, eben aus den oben genannten Gründen. Schön im Anzug mit frisch geschnittenen Harren zum Vorstellungsgespräch, um einem etwa gleichaltrigen Typen gegenüber zu sitzen, der mir erzählt, wie viel Geld sie ihrem Laden generieren. Und ja, das Praktikum sei bezahlt: In den ersten drei Monaten 400 Euro/Monat, in den drei darauf folgenden 800 Euro.

Nach diesem Gespräch habe ich mir vorgenommen, mich niemals bei einem dieser „irgendwas-im-Internet-Agenturen“ ausbeuten zu lassen. So ein kleines bisschen Würde zu bewahren ist dann doch wichtiger. Es ist ja nicht so, dass der Laden nicht mehr hätte bezahlen können, das Businessmodell (und die entsprechenden Profite) schien einfach auf dem Modell Praktikum zu basieren.

Und da kommt mir der Gedanke: Was war nochmals der Auslöser der ganzen Revolten in Nordafrika? War das nicht ein desillusionierter arbeitsloser Akademiker und eine Selbstverbrennung?

Und warum sind wir nicht auf der Strasse und protestieren gegen diese völlig bescheuerten Arbeitsverhältnisse?

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