Öl-Deal in Kasachstan

Diese Woche einigten sich der kasachische Energiekonzern Kazmunaigas und ein vom italienischen Ölgiganten Eni angeführtes multinationales Konsortium über die Modalitäten der Ausbeutung des im kaspischen Meer gelegenen Ölfelds Kaschagan. Neben den beiden genannten sind auch die Ölkonzerne Exxon-Mobil, Shell, Total, ConocoPhillips und Inpex an dem Deal beteiligt. In dem Ölfeld sollen bis zu 38 Milliarden Barrel Öl lagern. In ein paar Jahren soll die Förderung bis zu 1,5 Mio Barrel täglich betragen. Zum Vergleich: Der tägliche Ölbedarf Deutschlands lag 2005 bei 2,35 Mio Barrel.

Der Einigung war monatelanger Streit vorangegangen. Im Sommer hatte das kasachische Umweltministerium die Explorationsarbeiten gestoppt. Begründet wurde dies mit nicht erfüllten Umweltauflagen und Zollvorschriften. Der ursprünglich für 2005 vorgesehene Förderbeginn verschob sich dadurch weiter. Kazmunaigas warf den ausländischen Partnern vor, Abmachungen nicht eingehalten zu haben und verlangte Entschädigung für entgangene Gewinne. Sein Anteil am Förderkonsortium wurde jetzt für einen Kaufpreis weit unter Marktwert auf 16,8% verdoppelt.

In Kasachstan herrscht seit der Unabhängigkeit Nursultan Nazarbayev, der das Land fast so regiert, als wäre es sein Privatbesitz. Als er sich 2006 auf einem Staatsbesuch in den USA aufhielt, berichtete die New York Times in einem langen Artikel über einen Korruptionsskandal, bei dem westliche Ölkonzerne mehr als 78 Millionen Dollar Schmiergelder für Ölförderlizenzen in Kasachstan gezahlt haben sollen, darunter auch die am Konsortium beteiligten Unternehmen Exxon-Mobil und ConocoPhillips. Trotz dieser Vorwürfe wurde Nazarbayev damals nicht nur vom amtierenden Präsident Bush im Weißen Haus empfangen, sondern auch von dessen Vater auf dem Familiensitz in Kennebunkport. Ölgeschäft verbindet.

Gemessen an den Reichtümern, die der Nazarbayev-Clan in der Zwischenzeit angehäuft hat, sehen 78 Millionen Dollar geradezu wie Peanuts aus. Eine russische Internetseite berichtet von dem Gerücht, dass der kasachische Staatschef beim Verkauf des staatlichen Ölkonzerns „Tengis-Chevron“ an den amerikanischen Öl-Multi Exxon Mobil 1 Milliarde Dollar verdient haben soll. Timur Kulibaev, einer der Schwiegersöhne des amtierenden Präsidenten, steht mit einem Vermögen von 2,1 Mrd. Dollar mittlerweile auf Platz 458 der Forbes-Liste der reichsten Menschen der Welt. Den größten Teil seines Vermögens soll er durch den Börsengang der drittgrößten kasachischen Bank verdient haben. 2006 wurde er Vorstandsvorsitzender von Kazmunaigas.

Weniger Glück mit seinen Bankgeschäften hatte ein anderer (Ex-)Schwiegersohn des Präsidenten: der mit der ältesten Tochter Dariga verheiratet gewesene Rakhat Aliev. Ihm wird u.a. vorgeworfen, letzten Mai Präsident und Vizepräsident der kasachischen NUR-Bank, deren Hauptaktionär er selbst damals war, entführt und erpresst zu haben. Schon als Anfang 2006 ein führender Oppositionspolitiker ermordert wurde, fiel immer wieder sein Name in Verbindung mit der Tat. Gerüchten zu Folge sollen all diese Ereignisse in Verbindung mit einem Machtkampf stehen, der im Familienclan um die Nachfolge Nazarbayevs entbrannt ist. Seit November 2007 läuft nun gegen Aliev in Abwesenheit ein Gerichtsprozeß wegen Bildung einer kriminellen Vereinigung. Er selbst sieht sich als Ziel einer politischen Intrige, der er als um Reformen bemühter Politiker zum Opfer fallen soll, wie er u.a. der Deutschen Welle in einem Interview erklärte.

Während Organisationen wie Reporter ohne Grenzen voll Sorge auf das Land blicken, löst Kasachstan bei Finanzanalysten immer mehr Begeisterungsstürme aus. So empfahl die Börsenzeitung „Der Aktionär“ in einer seiner letzten Ausgaben ganz euphorisch die Aktie von Kazmunaigas und bezeichnete Kasachstan als „Boomland der Zukunft“. Dass in dem reichen Land nach einem Report von UNDP 2002 noch fast jeder vierte in Armut und weitere knapp fünfzig Prozent mit einem hohen Armutsrisiko lebten, kann man dem Artikel hingegen nicht entnehmen.

Hinterlasse eine Antwort